Wir haben doch keine Zeit!!!

Immer wieder mal steckt ein Schüler fest, weil er eine Stelle nicht spielen kann. Das Üben dieser Stelle scheint zuviel Zeit in Anspruch zu nehmen, und Gedanken wie „wie soll ich das ganze Stück schaffen, wenn ich so doof an Takt 3 festhänge?!“. Folgen solchen Denkens sind oft das schludrige Einüben des GANZEN Stückes, anstatt sich klar zu machen, was da eigentlich geschieht.
Es ist nämlich so, dass dieses Verhalten in meinen Augen dem Versuch gleicht, sich den Kaffee für dass nächste Jahr zu kochen! Das wäre auch effizient zu erledigen: Man rechnet einmal durch, wieviele Tassen Kaffee denn ungefähr getrunken werden in so einem Jahr, und dann braucht man ja nur EINMAL den Kaffee zu kochen, und hat den Rest des Jahres Kaffekochfrei, und kann sich beruhigt mit einer Tasse zurücklehnen. Pfui Deibel! …wird jeder, der sich das jetzt vorgestellt hat sagen. Und: Was ein Unsinn!

Aber warum spielen Sie denn dann nicht diesen einen Takt? Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt, und wenn man nicht zum Flughafen fährt, kann man eben nicht ins Flugzeug steigen!
Das taktweise Vorgehen ist für mich eine krasse Hürde gewesen – Und die sehe ich auch bei meinen Schülern. Man muss sozusagen mit der Lupe das Stück isolieren und verliert dabei natürlich den Zusammenhang aus dem Blick; wie soll man denn da wissen, ob es richtig ist? Und Ebendiese Frage kann vor allem der Klavierlehrer beantworten, einer, der den Überblick hat, wie es gehen muss. Keine App kann das leisten. Einer der Schlüssel zum meistern von im Moment schwierigen Passagen ist, neben richtiger Technik, die Variation. Können wir die Zeit dehnen? Laut/leise, langsam/schnell, legato/staccato? Man kann mit der Zeit immer extremer variieren, und wenn mans nicht kann, funktioniert die Stelle auch (noch!) nicht im Zusammenhang.

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